Heiner Müllers dramatischer Monolog DER HORATIER handelt von Krieg im antiken Rom. Der Horatier siegte für seine Stadt und wurde zugleich schuldig an seiner Familie. Was verdient Ehre – was Strafe? Das ist die Zwangslage, in der der Held und seine Richter stecken
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„Viele Männer sind in einem Mann. Einer hat gesiegt für Rom im Schwertkampf. Ein andrer hat seine Schwester getötet Ohne Notwendigkeit. ... Nämlich die Worte müssen rein bleiben. ... die Worte Fallen in das Getriebe der Welt uneinholbar Kenntlich machend die Dinge oder unkenntlich. ... Tödlich dem Menschen ist das Unkenntliche.“ - aus: DER HORATIER von Heiner Müller
Mit Christian Schaefer
Krieg nach Außen bedingt Krieg nach Innen. Was ist Verdienst, was ist Verbrechen? Das Beispiel einer Rechtsfindung und Rechtsprechung. Im Zentrum steht der Hegelsche Begriff von der "unreinen Wahrheit". Der Praxis einer einseitig-zweckgerichteten Wahrheitsbehauptung steht die Forderung nach Ermittlung der „reinen Wahrheit“, die alle Gegensätze und Widersprüche berücksichtigt, gegenüber. In Heiner Müllers Text DER HORATIER geben die Römer ein „Beispiel reinlicher Scheidung“. Dieses historische Lehrstück dient dem Nachdenken über das Thema Rechtsfindung, über gerechte Beurteilung politischer Vorgänge und gerechte Verurteilung persönlicher Straftaten.
Regie Christian Schaefer Bühne und Kostüme Simone Pätzold Dramaturgie Jörg Mihan Lichtdesign/Technik Moritz Meyer
Spieldauer ca. 20 Minuten. Keine Pause
Aufführungsrechte henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin
Der Horatier-Stoff ist zweieinhalbtausend Jahre alt. Er wurde vom römischen Historiker Livius überliefert und ist über zehn Mal im europäischen Drama behandelt worden, zuletzt im Jahr 1968 vom deutschen Dramatiker Heiner Müller. Es geht um Krieg und Recht. Die Städte Rom und Alba werden von den Etruskern bedroht. Gleichzeitig stehen sie im Konflikt gegeneinander. Bei Müller bedingen sich beide Kriegsräume, denn die menschlichen Entscheidungsmöglichkeiten und Taten auf allen Schauplätzen von Geschichte und Geschehen können nicht losgelöst von einander betrachtet werden.
Livius, Titus, römischer Geschichtsschreiber, geboren in Patavium (Padua) 59 (?) v. Chr., gestorben ebenda 17 n. Chr.; schrieb eine durch kunstvolle Darstellung ausgezeichnete römische Geschichte (»Ab urbe condita«) in 142 Büchern von der Gründung der Stadt Rom (753 v. Chr.) bis zum Tode des Drusus (9 v. Chr.). Erhalten sind nur die Bücher 1–10 und 21-45. Durch sein Werk, von dem vieles heute von der kritischen Forschung verworfen wird, hat er im Altertum, dann von der Renaissance bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts das Bild der römischen Geschichte wesentlich mitbestimmt.
Heiner Müller, geboren 1929 in Eppendorf/Sachsen; gestorben 1995 in Berlin, Schriftsteller, Dramatiker, auch Regisseur. Müller gilt als einer der innovativsten (auch heftig umstrittenen) deutschen Dramatiker des 20. Jahrhunderts. In seinen sprachmächtigen Texten setzte er sich kritisch mit der DDR und mit den historischen Konflikten zwischen Ost und West und Nord und Süd auseinander.
Stücke (Auswahl) DER LOHNDRÜCKER, 1956/57 DIE UMSIEDLERIN 1961 DER HORATIER, 1968 MAUSER, 1970 ZEMENT, 1972 DIE SCHLACHT, 1951/74 DIE HAMLETMASCHINE, 1977 DER AUFTRAG, 1979 VERKOMMENES UFER …, 1982 GERMANIA I-III, 1956/71/95